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In Namibia hat ein Fall von Nashorn-Wilderei einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Im privaten Naturschutzgebiet von Ghaub in den Otavi-Bergen im nördlichen Zentrum Namibias töteten Wilderer Mitte Mai zwei Breitmaul-Nashornkühe und ein Kalb. Einer Kuh hackten sie die Hörner ab. Offenbar war sie zu dem Zeitpunkt noch am Leben. Als man ihren Kadaver fand, lag Dung auf ihrem Auge, den die Wilderer dort platziert haben müssen.

Ihr Kalb wurde trotz intensiver Suche erst zwei Wochen später tief im Busch entdeckt. Eine Schusswunde im Hinterbein dürfte ihm einen langsamen Tod bereitet haben. Der zweiten Kuh haben die Wilderer in den Bauch geschossen. Sie lief davon und starb fünf Kilometer entfernt im Busch. Den Spuren zufolge hatte sie sich an Bäumstämmen gerieben, wohl um die Schmerzen loszuwerden.

Bewegender Brief an die Öffentlichkeit

Die Eigentümer zeigten sich in einem persönlichen Brief an die Öffentlichkeit tief erschüttert. Die erste Nashornkuh hatten sie mit der Flasche aufgezogen, nachdem sie im Alter von drei Monaten ihre Mutter verloren hatte. Dass sie vor einem Jahr ein Junges zur Welt gebracht und sich um ihr Kalb genauso gekümmert hatte wie andere Kühe, war ihnen eine besondere Freude und ein Trost in der Corona-Krise.

Ghaub hat nach eigenen Angaben seit Jahren in seinen Wildschutz investiert. Speziell ausgebildete Guards spüren die Nashörner Tag für Tag auf. Dabei kontrollieren sie das Naturreservat auch auf Spuren möglicher Eindringlinge. Die Durchgangsstraße wird durch bewachte Tore gesichert.

Kaum Einnahmen wegen Corona

Auf eine Enthornung der Nashörner verzichtet Ghaub, weil Wilderer die Tiere auch für den Stumpf töten. Zudem bedeutet die Betäubung hohen Stress für das Nashorn und birgt das Risiko der Überdosierung. Da das Horn rasch nachwächst, müsste es einmal im Jahr gestutzt werden.

Die Schutzmaßnahmen finanziert Ghaub durch Einnahmen des Gastbetriebs. Auf Rundfahrten und Tracking-Touren können Gäste der Lodge und des Campingplatzes von Ghaub die Dickhäuter hautnah erleben – ohne trennenden Zaun. Seit Beginn der Corona-Krise im März 2020 fehlen diese Einnahmen. So muss der Schutz der Nashörner und des übrigen Wildes aus Rücklagen oder Krediten finanziert werden.

Versicherung weigert sich zu zahlen

Zwar ist Ghaub, wie im März vor Gericht dargelegt, gegen Geschäftsausfall aufgrund von Pandemien versichert. Die Versicherungsgesellschaft weigert sich jedoch zu zahlen. Sie verlangt „Rechtssicherheit“, obwohl Gerichte in Südafrika in ähnlich gelagerten Fällen bereits zugunsten der Versicherten entschieden haben. Da Namibias Gerichte völlig überlastet sind, kann das Urteil Jahre auf sich warten lassen.

Experten warnen seit Beginn der Corona-Krise vor den Folgen für den Naturschutz, weil mit dem Tourismus eine wesentliche Finanzierungsquelle versiegt und Tausende Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. 2020 war die Wilderei von Nashörnern in Namibia laut Umweltministerium zwar rückläufig – mit 30 entdeckten gewilderten Tieren gegenüber 50 im Vorjahr. Allerdings wird der Rückgang auch auf die Corona-Restriktionen zurückgeführt, die mittlerweile gelockert wurden.

Dieser Bericht ist, in leicht variierter Form, mit weiteren Meldungen zu Reise und Natur in Namibia erschienen in der Rubrik „Reise Aktuell“ in der Print-Ausgabe des Namibiamagazins Nr. 2/2021.

Mehr zur Nashorn-Wilderei auf Ghaub in der Meldung „Nashörner auf Ghaub gewildert“ auf der Website des Dachunternehmens ONE Namibia, zu dem Ghaub gehört.

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Die Nashorn-Kuh und ihr Kalb einen Monat vor ihrem Tod. Foto: Ghaub Nature Reserve & Farm